Mach Dich nackisch!

Verkehrsunfall mit Sachschaden und mit Personenschaden. Kfz-Gutachten, Arztbericht und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schicke ich zur HUK Coburg.

Die Antwort der HUK Coburg nach 8 Tagen:

Die Unterlagen haben wir erhalten.

Nachdem diese geprüft wurden, kommen wir unaufgefordert auf die Angelegenheit zurück. Bis dahin bitten wir um Geduld.

So weit, so schnell und so gut. Dann folgt der Satz:

Bitte senden Sie die anliegenden Formulare ausgefüllt zurück.

Beigefügt sind der Fragebogen für Anspruchsteller – Personenschaden – sowie die Einwilligungs- und Schweigepflicht-Entbindungserklärung.

Mit Formularen ist das immer so eine Sache. Die sind immer nützlich für den, der sie entwirft und verwendet. Aber selten nützlich für den, der sie ausfüllt.

Der Fragebogen für Anspruchsteller – Personenschaden – enthält viele, viele Fragen. Spannende Fragen. Nach dem monatlichen Einkommen zum Beispiel. Oder ob  man eine Rente bezieht. Oder ob Bedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches vorliegt. Alles sehr wichtige Fragen bei einem Schleudertrauma. Oder?

Dann mittendrin in dem Formular der versteckte Satz:

Ich werde die Versicherung unaufgefordert unterrichten, sobald ich Leistungen der Sozialhilfe beantrage oder erhalte.

Eine versteckte Verpflichtungserklärung in einem Fragebogen. Sehr seriös 😉

Weiter unten im Formular, vor der Unterschrift, noch so ein Klopper:

Die jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger, Behörden sowie Arbeitgeber und Dienstherrn entbinde ich von ihrer Schweigepflicht, soweit nicht gesundheitsbezogene Daten erhoben werden.

Der Anspruchsteller soll der Versicherung gestatten, umfangreich Erkundigungen einziehen zu dürfen. Allerdings nur, soweit es nicht um gesundheitsbezogene Daten geht (für die gesundheitsbezogenen Daten gibt es das andere Formular).

Und dann folgt am Ende des Formulars, ganz unten und fett gedruckt:

Bitte beachten Sie daher: Wir können nur für Sie tätig, werden, wenn Sie die beigefügte Erklärung ausgefüllt und unterschrieben an uns zurückschicken.

Liebe HUK Coburg, auch fett gedruckt ist das falsch, und das in doppelter Hinsicht.

Erstens: Ihr werdet nicht für den Geschädigten tätig, sondern für Euren Versicherungsnehmer.

Zweitens: Die Regulierung von Personenschäden ist nicht abhängig von Einwilligungs- und Entbindungserklärungen. Ihr behauptet das nicht zum ersten Mal, aber dadurch wird es nicht richtiger.

Die Einwilligungs- und Schweigepflicht-Entbindungserklärung sieht vor:

Ich willige ein, dass die HUK-COBURG meine Gesundheitsdaten an medizinische Gutachter weitergibt und die Daten von diesen verwendet werden, soweit dies zur Beabeitung der erhobenen Ansprüche erforderlich ist.

 und weiter

Zur Prüfung des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs ist es notwendig, Informationen von Stellen abzufragen, die über Ihre Gesundheitsdaten verfügen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Vorerkrankungen, welche für die Beurteilung des hier in Rede stehenden Gesundheitsschadens von Bedeutung sein könnten.

Mit anderen Worten: Mach Dich nackisch! Wir wollen alles über Dich und Deine Gesundheit wissen, was auch nur im Entferntesten von Bedeutung sein könnte.

Immerhin folgt dann später noch der Zusatz:

Wollen Sie nicht, dass wir Ihre Gesundheitsdaten bei Dritten abfragen, haben Sie alternativ die Möglichkeit, die Gesundheitsdaten zum Nachweis des Schadens selbst an uns zu senden oder senden zu lassen.

Das steht aber im Widerspruch zu dem Hinweis auf dem Fragebogen für Anspruchsteller, wonach die HUK Coburg angeblich nur tätig werden kann, wenn die Einwilligungs- und Schweigepflicht-Entbindungserklärung ausgefüllt und unterschrieben zurückgeschickt wird.

Widersprüchliche Angaben, versteckte Verpflichtungserklärungen, unnötige Fragen. Seriös ist anders.

Ich empfehle meinen Mandanten, diese Formulare nicht auszufüllen und nicht zu unterschreiben. Aus gutem Grund.

3 Kommentare zu „Mach Dich nackisch!

  1. Wenn Sie diese Empfehlung aussprechen, wäre es aber den interessierten Bloglesern ggü. nett, wenn Sie etwas über die daraus resultierenden Konsequenzen mitteilen würden.

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    1. Die daraus resultierenden Konsequenzen bekommt man mit einem kurzen Anschreiben an Halter und Fahrer relativ gut in den Griff:

        Leider sieht sich Ihre Haftpflichtversicherung nicht in der Lage, den Schaden zu regulieren. Haben Sie bitte Verständnis dafür, daß ich mit der Versicherung, die Sie sich ausgesucht haben, nicht weiter diskutieren möchte. Ich fordere Sie deshalb auf, bis zum xxx zu zahlen. Anderenfalls würde ich Klage einreichen, wobei sich die Klage gegen Sie persönlich richten würde.

      Viel spannender sind doch die Konsequenzen der Versicherung, wenn das Formular ausgefüllt wird:

        Sie waren vor 4 Jahren schon einmal wegen Verspannung der Nackenmuskulatur beim Arzt. Wir gehen deshalb davon aus, daß die jetzt behaupteten Beschwerden nicht unfallbedingt sind, sondern schon vorher vorlagen.

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  2. Spannendes Thema!

    Gibt es denn einen Mittelweg (vllt. durch Rechtsprechung gefestigt) zwischen „ich mach mich nackisch“ und „ich sag gar nichts“? So ganz unberechtigt scheint mir das Verlangen der Versicherung nicht zu sein, herauszufinden, ob nennenswerte Vorerkrankungen vorliegen, die mit dem Unfall nicht in Zusammenhang stehen.

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